Paula goes India #6

Wie bereits in meinem letzten Blogbeitrag erwähnt, steht eine festivalreiche Zeit in Indien an.

Im Hinduismus gibt es zahlreiche Gottheiten. Einer unter ihnen ist Gott Krishna, dessen Verehrung in ganz Indien weit verbreitet ist. Gott Krishna trägt stets eine Bambusflöte mit sich sowie eine Pfauenfeder im Haar. Der höchste Feiertag zu Ehren Gott Krishnas ist Janmashtami. Dieser Feiertag wird traditionell nach dem hinduistischen Mondkalender am achten Tag des Monats Shravan gefeiert. Unserem Kalender nach fällt das Fest meistens in die Monate Juli und August. An Janmashtami feiern die Gläubigen die Geburt Gott Krishnas. Gläubige und Priester verehren und preisen Gott Krishna in Form einer Puppe in einem Bett/Schaukel, die vorher mit zahlreichen Blumen geschmückt wurde. Die Puppe steht für Gott Krishna als Neugeborener. Der Mythologie zu Folge wurde Gott Krishna um Mitternacht geboren. Viele Familien bleiben bis zu seiner Geburtsstunde wach, um die Geburt des göttlichen Kindes zu feiern. Im Gottesdienst dürfen nach der Verehrung Gott Krishnas durch den Priester die Frauen das Neugeborene “füttern”. Dazu nehmen sie etwas Milchbrei auf die Finger und bieten es Gott Krishna in der Wiege mit einem Gebet an.

Ein populärer Brauch an Janmashtami ist Dahi-Handi. Jungen und Männer klettern sich gegenseitig auf die Schultern und bilden eine menschliche Pyramide. Ziel ist es, einen hoch in der Luft hängenden Tontopf zu zerbrechen. Dieser Tontopf ist mit Joghurt, Butter und Früchten gefüllt und erinnert an Gott Krishnas Kindheit. Er soll als kleiner Junge, aufgewachsen in einer Hirtenfamilie, aus dem hoch hängenden Milchtopf seiner Nachbarn genascht haben. Heute ist die Dahi-Handi-Zeremonie ein großes Spektakel und zieht zahlreiche Besucher an, die das Zerschlagen des Tontopfes mit Vergnügen verfolgen. Gemeinsam mit den Austauschschülern des Rotary-Jahresaustausches konnte ich an einer Dahi-Handi-Zeremonie in Vadodara teilnehmen. Zunächst wurden Tanzperformances unterschiedlichster Altersgruppen gezeigt und anschließend die menschliche Pyramide mit lauter Trommelmusik und Gesang eingeläutet. Mit großer Freude haben wir das Spektakel beobachtet und waren doch erstaunt mit welcher Geschwindigkeit die menschliche Pyramide gebaut und der Milchtopf zerschlagen war!
Der Platz vor dem Tempel war mit Menschen überfüllt und meine europäische Körpergröße kam mir sehr zu Gute! Zur großen Überraschung haben wir uns am nächsten Tag in der Zeitung gesehen. Untertitel unseres Fotos: “Sogar Ausländer sind nach Vadodara gereist, um die Dahi-Handi-Zeremonie zu erleben”.

Natürlich wurde dieser besondere Feiertag auch in der Little Millennium Vorschule zelebriert. Am Freitag vor dem Feiertag ging es zunächst mit allen Kindern gemeinsam in den Iskcon Tempel Baroda. Gar kein leichte Aufgabe rund 50 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren im Auge zu behalten! Zu Ehren des Geburtstages Gott Krishnas haben die Kinder zu Mönchgesang getanzt und die Tempelanlage besichtigt. Anschließend an dem Tempelbesuch hatte die Klasse “Emerging Wings” (Altersgruppe drei und dreieinhalb) für die Eltern zwei Tänze einstudiert und in traditioneller Kleidung am Wochenende vor dem offiziellen Janmashtami-Feiertag den Eltern präsentiert. Auch wir hatten eine mit Blumen geschmückte Wiege mit dem kleinen Gott Krishna. Im Anschluss an die Tanzshow haben Lehrerinnen, Schüler und Schülerinnen sowie deren Eltern gemeinsam Gott Krishna verehrt und gepriesen. Abschließend kann ich nur sagen: Ein spannender Feiertag, der mir einen aufregenden und ganz besonderen Einblick in die Religion und Kultur Indiens ermöglicht hat!

Ein weiterer Höhepunkt der vergangenen zwei Wochen war ein Ausflug mit Ashish, einem Freund der Nachbarn meiner Gastfamilie, und seiner Familie. Gemeinsam haben wir Sevasi Vav, ursprünglich benannt als Vidhyadhar Vav, besichtigt. Sevasi Vav ist ein Stufenbrunnen, der zu den ältesten und schönsten Stufenbrunnen aus der Zeit von Sultan Mehmud Begada, aus dem 16. Jahrhundert, zählt. Der Stufenbrunnen wurde einst zu Ehren des geistlichen Führers Vidyadhar gebaut, der im jungen Alter bereits verstarb und im Dorf Sevasi sehr verehrt wurde. Was ist ein Stufenbrunnen? Ein Brunnen, der mehrere große Stockwerke aufweist. Hintergrund dieser Bauten ist die Wasserarmut in vergangenen Zeiten. Vor allem in Flussarmen Regionen Indiens brachte nur der zweimonatige Monsun Regen. In der Monsunzeit regnet es sehr stark und quasi dauerhaft. Mit den Stufenbrunnen gelang es den Menschen die gewaltigen Massen des Monsunregens aufzufangen und zu speichern. Der Sevasi Vav geht ganze sieben Stockwerke unter die Erde.

Am Mittwoch, dem 5. September, hat ganz Indien den “Tag des Lehrers” gefeiert. An diesem Tag wurde im Jahre 1888 Doktor Sarvepalli Radhakrishnan geboren. Er war indischer Philosoph und im Laufe seines Lebens sowohl erster Vizepräsident als auch zweiter Präsident Indiens. Als Professor für Philosophie unterrichtete er an zahlreichen Universitäten. An jeder Universität, an der Doktor Sarvepalli Radhakrishnan unterrichtet hatte, war er ein sehr beliebter und gerngesehener Lehrer. Er unterrichtete sein Fach mit Herz, begegnete ebenso auch seinen Studenten mit viel Offenheit und Warmherzigkeit. Seit dem Jahr 1962 wird Doktor Sarvepalli Radhakrishnans Geburtstag als “Tag des Lehrers” in Indien gefeiert. Lehrer und Schüler kommen an diesem Tag wie gewöhnlich in die Schule, jedoch wird der alltägliche Stundenplan durch Aktivitäten von Dank und Erinnerung, sowie Festlichkeiten ersetzt. Viele Schüler schreiben Dankeskarten für ihre Lehrer und bringen Blumen und kleine Aufmerksamkeiten mit. An einigen Schulen bereiten die Schüler ein Programm für die Lehrer beispielsweise einen Tanz oder ein Schauspiel vor. Auch der Wettbewerb der Schüler, sich wie ihre Lehrer als Double zu verkleiden ist eine beliebte Aktivität am “Tag des Lehrers”. In einigen Schulen übernehmen ältere Schüler den Unterricht in den jüngeren Jahrgängen.

Mit meinem Gastclub Rotary Club Baroda Metro bin ich am “Tag des Lehrers” in das nahegelegene Dorf Desar gefahren. Mein Gastclub hat hier eine Partnerschaft mit der Shree M K High School. Unter anderem hat der Rotary Club Baroda Metro ein Toilettenhaus für Mädchen gebaut, Bibliotheken für jede Klasse sowie Sportausstattung in Form von Kleidung und Sportgeräten gespendet. Am “Tag des Lehrers” haben wir Lehrer und Lehrerinnen ausgezeichnet, deren Schüler und Schülerinnen besonders gute Ergebnisse in der Abschlussprüfung erzielt haben. Zum Ende der Ehrung habe ich mein All-Time-Piece, die indische Nationalhymne, auf meiner Querflöte gespielt und damit die Zeremonie beendet.

Am kommenden Donnerstag startet dann das nächste Festival. Ich bin bereit!

2 Gedanken zu „Paula goes India #6“

  1. Liebe Paula, Dein nächter Bericht, den ich gleich nach dem vorigen gelesen habe, benatwortet meine Fragen nach der Rolle der Flöte in der indischen Musik schon fast: Der Gott Krisna hat immer eine Bambusflöte bei sich. Und was gibt es noch dazu zu sagen?
    Auch meine Frage danach, ob Du Deine Flöte mitgenommen hast, war ganz überflüssig, denn natürlich hast Du… und hast auch schon damit vor Publikum gespielt. Aber vielleicht gibt es doch noch etwas mehr dazu zu erzählen…
    Was mir auffällt, das ist die ungeheure Farbigkeit in der Kleidung, der Dekoration, des Ambientes eines Raumes. Das macht doch bestimmt fröhlich, besonders dann, wenn draußen der Monsun alles mit einem grauen Schleier überzieht.
    Genieße Deine Zeit, liene Paula, und sei fröhlich dabei, meistens.
    Schöne Grüße am Donnerstag Abend
    von Heidrun

  2. Liebe Paula, in meinem vorigen Text für Dich haben sich einige Schreibfehler eingeschlichen, für die ich mich entschuldigen möchte. Vor allem der Gott Krishna wird es mir hoffentlich verzeihen können, dass sein Name von mir etwas verunstaltet wurde. Bitte lege bei ihm ein gutes Wort für mich ein.
    Hier ist es jetzt schon ein bisschen herbstlich, aber nur an manchen Tagen, denn für nächste Woche sind schon wieder hochsommerliche Temperaturen angesagt. Es wird aber sicher eine Umstellung für Dich werden, wenn Du wieder in Berlin bist. Ich hoffe, Du bringst dann ein Exemplar der indischen Tageszeitung mit, in der Du zu sehen bist!!
    Ich freue mich schon darauf, aber erst einmal auf Deinen nächsten Bericht, den Du betimmt so fehlerfrei schreiben wirst wie die vorigen.

    Schöne Grüße zum Wochenende
    von Heidrun

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