Paula goes India #7

Was habe ich in den vergangenen zwei Wochen in Indien erlebt?

Am 13. September begann das hinduistische Fest “Ganesh Chaturthi”. Ganze zehn Tage lang wird Gott Ganesha verehrt. Ich denke mal den meisten von euch ist Gott Ganesha nicht so geläufig. Wenn ich jedoch sage Gott Ganesha, der Gott mit dem Elefantenkopf, kommt dem Einen oder Anderen vielleicht doch ein Bild in den Kopf. Ganesha ist der Sohn von Gott Shiva und Parvati und gilt als Verkörperung von Weisheit, Glück und Erfolg.

Es gibt viele Mythen und Geschichten über Gott Ganesha. Die meisten besagen, dass er ursprünglich einen menschlichen Kopf gehabt haben soll. Die wohl populärste Geschichte berichtet, dass eines Abends Parvati, Shivas Ehefrau, in Abwesenheit ihres Ehemannes Zuhause ein Bad nehmen wollte. Sie wünschte sich eine Wache, die sie vor das Haus stellen könnte, während sie badete. Also schuf sie aus Lehm einen kleinen Buben, den sie anschließend mit Wasser aus dem Ganges übergoss und damit zum Leben erweckte. Diese Buben nannte sie Ganesha und stellte ihn, wie vorher angedacht, als Wache vor das Haus. Während Parvati ihr Bad nahm, kam ihr Ehemann Gott Shiva nach Hause. Ganesha ließ Gott Shiva nicht passieren und versperrte ihm als Wache den Weg ins Haus. Daraufhin schlug im Gott Shiva mit kurzem Prozess den Kopf ab. Als Parvati erfuhr, dass ihr Ehemann soeben ihrem Sohn den Kopf abgeschlagen hatte, kam es zu einem heftigen Streit. Gott Shivas Diener sollte einen neuen Kopf für Ganesha besorgen, das sollte der Kopf dessen Lebewesens sein, dass den Dienern auf ihrem Weg als erstes begegnen werde. Und das war ein Elefant. Das ist die Geschichte um Ganeshas Elefantenkopf.

Während des Festes “Ganesh Chaturthi” findet man kleine und große Ganesha- Statuen überall in der Stadt. Sei es in den Schulen und Universitäten, auf öffentlichen Plätzen, in den Straßen oder in den eigenen vier Wänden. In den ersten Tagen des Festes und bereits ein paar Tage vorher finden auf den Straßen am Abend Festumzüge statt. Große Ganesha-Statuen werden auf LKWs und Traktoren geladen und dann mit lauter Musik, rhythmischen Bassklängen, bunten Lasershows und viel Tanz durch die Straßen gefahren. In diesen Tagen bringen die Menschen Ganesha zu sich nach Hause, bereiten die Altare vor und dekorieren das Haus. Ganesha kann man dann für entweder eineinhalb, drei, fünf, sieben oder neun Tage Zuhause als Gast beherbergen. Jeden Morgen und jeden Abend hält man Zuhause für Ganesha eine Puja, einen hinduistischen Gottesdienst, ab.

Die Ganesha-Statue wird auf einem hauseigenen Altar platziert und mit Blumenketten und Lichtern geschmückt. Vor den Altar stellt man Prasad, d.h. Süßigkeiten, Obst oder andere Leckereien, die als Leibgerichte Ganeshas bekannt sind. In der Puja wird Ganesha mit Liedern, Reimen und Glocken- sowie Trommelklängen und mit einem Tika, dem Segenspunkt aus roten Pigmenten, begrüßt. Während der Musik kreisen die Familienmitglieder ein Tablett mit Kerzen vor der Gansha-Statue. Dies wird mit gebücktem Oberkörper durchgeführt, um den Respekt und die Verehrung auszudrücken. Am Ende der Puja verteilen die Familienmitglieder untereinander ebenso Prasad. Am Ende des Festes wird die Statue mit Gesängen zu einem nahegelegenen Gewässer gebracht und dann dort ins Wasser getaucht. Man verabschiedet sich von Ganesha und nach dem Mythos kehrt Ganesha, nachdem sich die Statue im Wasser aufgelöst hat, zurück zu seinen Eltern.

Obowohl Ganesh Chaturthi eher ein Fest im Bundesstaat Maharashtra ist, wird es auch in Gujarat groß gefeiert. In der Woche vor Beginn des Festes findet man an jeder Straßenecke Buden, die Ganesha-Statuen in jeglichen Ausführungen anbieten. Meine Gastfamilie hat Ganesha drei Tage zuhause beherbergt. Das Fest ist doch ziemlich aufwendig. Jeden Morgen und jeden Abend muss für die Puja der Blumenschmuck ausgetauscht werden gegen frische neue Blumenketten. Auch das Prasad wird jeden Morgen und Abend vor dem Gottesdienst neu zubereitet und jedes Mal gibt es eine andere Leckerei. Tagsüber, vor allem aber am Abend, besucht man die Ganesha-Statuen von Familienmitgliedern, Bekannten und Freunden. Hat man Ganesha während des Festes bei sich zu Hause ist quasi für diese Zeit “Tag der offenen Tür”. Man muss dafür sorgen, dass immer jemand der Familie zuhause ist, denn Gäste kommen unangekündigt vorbei, um Ganesha zu verehren. Die Puja ist in jedem Haushalt unterschiedlich. Während des Festes konnte ich also viele verschiedene Gottesdienstrituale bei Freunden und Bekannten kennenlernen. Wir haben unsere Ganesha-Statue nach drei Tagen im Wassereimer verabschiedet. Viele Familien machen das heutzutage so. Die Flüsse und Gewässer sind ziemlich überfüllt mit Menschen und die meisten Familien bevorzugen daher eine Verabschiedung im hauseigenen Garten. Hat sich das Tonidol am nächsten Morgen komplett aufgelöst schüttet man das Wasser in den Garten, um das Haus und die Familie zu segnen.

Gemeinsam mit den Austauschschülern war ich in den vergangenen zwei Wochen einen Nachmittag in der Altstadt von Vadodara unterwegs. Die Eindrücke, die ich dort einfangen konnte, entsprechen wahrscheinlich jedermanns Vorstellung von Indien: kleine enge Gassen, Motorroller überall, lautes Gehupe, Menschenmassen, Farben und Gerüche. Was wir in der Altstadt gemacht haben? Wir sind einfach durch die kleinen Gassen geschlendert, haben hier und da Halt gemacht und uns die Verkaufsstände angeschaut, ein leckeres Eis gegessen und, aufgrund der Tatsache das Ganesh Chaturthi gerade stattfindet, viele Ganesha-Statuen gesehen. Ein schöner Nachmittag, der uns bei knapp 35 Grad Indien wieder ein Stückchen näher gebracht hat.

Am vorletzten Samstag, dem 15. September, war ich mit Ashish und seinem Sohn Aarav (Freunde unserer Nachbarn) im Sayaji Baug unterwegs. Sayaji Baug zählt zu den größten öffentlichen Gärten in ganz Westindien. Viele Einwohner Vadodaras kommen am Morgen in den Garten für einen Spaziergang oder auch am Abend, um den Sonnenuntergang und die Abendstimmung im Garten zu genießen. Neben wunderschönen Blumengärten und einem tollen Ambiente bietet Sayaji Baug zusätzlich ein Museum, einen Zoo sowie ein Aquarium, ebenso wie ein Planetarium und eine Fahrt mit der kleinen Eisenbahn seinen Besuchern. All diese Angebote habe ich bisher noch nicht genutzt. Aber ein Spaziergang durch den Park war am Samstagnachmittag drin!

Jetzt warten noch vier weitere Wochen auf mich. Kaum zu glauben wie schnell die Zeit vergeht. Am 31. August habe ich noch Bergfest gefeiert und jetzt ist auch die zweite Hälfte meines Austausches auch schon fast rum. Die letzten vier Wochen werden sicherlich noch einmal spannend. Einige Dinge stehen noch auf meiner To-Do-Liste, die ich unbedingt noch erledigen möchte, bevor es für mich Ende Oktober zurück nach Hause geht. Ich werde wie immer berichten!

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